Kälberaufzucht
Als Kalb werden Rinder im Alter von bis zu sechs Monaten oder bis zur Geschlechtsreife bezeichnet. Kälber aus der Fleischrinderhaltung verbleiben fünf bis sieben Monate bei ihrer Mutterkuh. Es können auch mehrere Kälber von einer Ammenkuh aufgezogen werden. In der Milchviehhaltung findet die Kälberaufzucht getrennt vom Muttertier statt. Es wird unterschieden zwischen Kälberaufzucht und Kälbermast, wobei letztere in Deutschland nicht zulässig ist
Ziele der Kälberaufzucht
Die Kälberaufzucht umfasst den Zeitraum von der Geburt bis zum 4 Lebensmonat. Die aufgezogenen Kälber dienen anschließend als Jungrinder und Milchkühe oder als Mastbullen und -färsen. Die Ansprüche an Kälber für die Färsenaufzucht oder die Rindermast sind dabei die gleichen. Angestrebt werden tägliche Zunahmen von 700 bis 800g und ein Endgewicht der Kälber von 130 bis 150 kg. Außerdem sollen die Kälber frühzeitig Grund- und Kraftfutter aufnehmen und die Tränkephase nach acht, spätestens zehn Wochen beenden.
Die Kälberaufzucht kennzeichnet eine hohe Verlustrate. Daher sind Geburtsbegleitung des Muttertieres, Kälberfütterung und -haltung eine hohe Wichtigkeit beizumessen.
Abkalbung
Das Abkalben finden in einer eingestreuten Abkalbebucht im Laufstall oder im eingestreuten Stand im Anbindestall statt. In der Regel werden die Kälber gleich nach der Geburt von der Kuh getrennt, nachdem das Kalb der Kuh zum Ablecken vorgelegt wurde. Das Ablecken kann durch Abreiben mit Stroh oder Heu durch den Menschen ergänzt oder ersetzt werden. Das Kalb sollte schnell hygienisch versorgt werden. Direkt nach der Geburt oder innerhalb der nächsten drei Stunden muss das Kalb Kolostrum aufnehmen, um passiv immunisiert zu werden. Die in der Biestmilch enthaltenen stallspezifischen Antikörper schützen die Kälber, die ohne Abwehrstoffe zur Welt kommen, vor Krankheitserregern.
Haltung
Nach der Abkalbung wird das Kalb in eine vorbereitete, eingestreute Bucht gebracht. Diese sollte trocken, kühl und zug- sowie schadgasfrei sein. Eine Unterbringung im Außenklimastall ist der im Warmstall vorzuziehen. Besonders geeignet sind Kälberiglus. In der ersten Lebenswochen benötigen die Kälber viel Ruhe. Daher wird eine Einzelhaltung bevorzugt. Ab der zweiten Lebenswoche der Kälber wächst deren Bedürfnis nach Bewegung und Sozialkontakt. Diesem wird eine Unterbringung in einem Gruppenlaufstall oder Gruppeniglu unter Außenklimabedingungen gerecht. In der Gruppenhaltung verringert sich der Arbeitsaufwand beim Tränken und Füttern der Kälber. Die Kälber sollten nicht im Kuhstall in der Nähe der Kühe gehalten werden, da der Keimdruck dort sehr groß ist. Bei zugekauften Kälbern wird empfohlen diese zunächst in Quarantäne zu halten. Das soll die Gefahr der Einschleppung von Krankheitserregern verringern. Auch der Personenverkehr ist auf ein Minimum zu beschränken.
Fütterung
Die Verdauungsorgane junger Kälber sind nur auf die Verdauung von Milch eingestellt. Das Vormagensystem aus Pansen, Netz- und Blättermagen entwickelt sich erst im Laufe der Zeit mit der Aufnahme fester Nahrung. In der ersten Woche sollten die Kälber mit zwei bis drei Liter Biestmilch/Tag versorgt werden. Ab der zweiten bis zur maximal zehnten Lebenswoche werden die Kälber über eine rationierte Tränke mit bis zu sechs Liter/Tag versorgt. Art und Angebot der Tränke können sich hier unterscheiden zwischen Milchaustauschertränke, Austauschertränke, Vollmilchtränke oder einem ad libitum Fütterungskonzept. Die Vorlage einer Trocken-TMR bietet eine weitere ergänzende Möglichkeit der Kälberfütterung während der Tränkeperiode. Sie besteht aus 10 – 20 % Grobfutter und 80 – 90 % Kraftfutter und wird ab der 2. Lebenswoche zugefüttert. Durch eine frühzeitige Aufnahme von Stroh, Heu, Silage und Kraftfutter kann sich das Vormagensystem der Kälber optimal entwickeln und die Tiere haben später eine hohe Futteraufnahme. Die vollständige Futterumstellung von der Tränke zu Grund- und Kraftfutter sollte nach maximal zehn Wochen abgeschlossen sein.
Haltungsbestimmungen
Kälber müssen nach der Abkalbung schriftlich registriert und mit Ohrmarken versehen werden. Nach zehn Tagen dürfen die Tiere erstmals über eine Strecke von mehr als 100 km transportiert werden. Bis zur vierten Lebenswoche dürfen Bullenkälber ohne Betäubung kastriert werden. Kälber dürfen außerdem unter Sedierung enthornt werden. Weitere Eingriffe sind nicht zulässig.
Im Anschluss an die Kälberaufzucht gelangen die Kälber entweder in die Färsenaufzucht oder in die Rindermast.